ISSN:
1432-1351
Source:
Springer Online Journal Archives 1860-2000
Topics:
Biology
,
Medicine
Notes:
Zusammenfassung Die Bewegungsvorgänge, die sich unter dem Einfluß von Licht und Dunkelheit in der Netzhaut der Fische abspielen (vgl. Textabb. 1 und 2, S.402, Textabb. 10 u. 11, S. 418, Textabb. 14 u. 15, S. 424 und Abb. 1 u. 2 auf Tafel II) sind im Sinne der Duplizitätstheorie dahin gedeutet worden, daß im Hellauge der Zapfenapparat, im Dunkelauge der Stäbchenapparat in die Bildebene des Auges gerückt und somit „eingeschaltet“ sei, während im Hellauge die Stäbchen, im Dunkelauge die Zapfen durch die Streckung ihrer Myoide hinter die Bildebene gerückt, zum Teil im Pigment vergraben und somit „ausgeschaltet“ seien. Diese sehr einleuchtende Auffassung hat sich bisher nicht allgemein durchsetzen können, weil nichts darüber bekannt war, ob ein „Tagessehen“ und „Dämmerungssehen“ im Sinne der Duplizitätstheorie bei Fischen überhaupt besteht und ob im besonderen der morphologische Vorgang der Stäbchen-Zapfen-Verschiebung mit einem funktionellen Übergang von einer Sehweise zu einer specifisch anderen zeitlich zusammentrifft. Durch Dressurversuche wurde nun der Nachweis erbracht, daß auch für Fische, so wie für den Menschen, bei einem gewissen, schwachen Dämmerlicht das Farbenunterscheidungsvermögen erlischt. Bei Stichlingen wurde die Grenze des Farbensehens bei geringerer Helligkeit gefunden als beim menschlichen Auge, bei Ellritzen lag die Schwelle des Farbensehens deutlich höher als bei den Stichlingen und durchschnittlich etwas höher als für mein Auge, bei Gründlingen stellten sich in dieser Beziehung sehr erhebliche individuelle Unterschiede heraus: während die Farbenschwelle für manche Tiere bei einer Helligkeit von etwa 1/100 H.K. lag, wurde sie in anderen Fällen bei einer Helligkeit von etwa 1/4 H.K. gefunden. Von besonderem Interesse ist der Vergleich zwischen dem FarbenUnterscheidungsvermögen der Fische im Dämmerlicht und dem histologischen Netzhautbefund der unmittelbar nach den Dämmerlichtversuchen konservierten Augen. Es zeigt sich, daß der Übergang vom Farbensehen zur Farbenblindheit tatsächlich bei jener Dämmerungsstufe vor sich geht, bei welcher die Bildebene des Auges von den Zapfen geräumt und den Stäbchen überlassen wird. Besonders überzeugend scheinen mir jene Fälle zu sein, in welchen bei gleicher Helligkeit des Dämmerlichtes ein Fisch die Farbe noch erkannt, ein anderer sie mit Grau verwechselt hatte, und dementsprechend beim einen die Zapfen noch kontrahiert, beim anderen gestreckt gefunden wurden (Textabb. 23 u. 24, S. 435, Textabb. 25 u. 26, S. 437, vgl. auch Textabb. 18 u. 19, S, 425). Hiernach ist kaum mehr eine andere Deutung möglich, als daß die Stäbchen die Vermittler des Dämmerungssehens, die Zapfen die Vermittler des Tagessehens, die ersteren farbenblind, die letzteren farbentüchtig sind — wie es die Duplizitätstheorie annimmt. Diese Befunde sind aber nicht dahin aufzufassen, daß das Farbensehen der Fische an Zapfencontraction unbedingt gebunden sei. Vielmehr läßt sich nachweisen, daß das Auge des Gründlings auch bei gestreckten Zapfen farbentüchtig, anderseits auch bei kontrahierten Zapfen farbenblind seinkann. Über die Umstände, unter welchen solches eintritt und über die biologische Bedeutung dieser Erscheinung wurde auf S. 442ff. Näheres ausgeführt. Aus der Tatsache, daß ein Farbenunterscheidungsvermögen auch bei Fischen mit völlig retrahiertem Netzhautpigment.gefunden wurde, ergibt sich neuerlich die Unhaltbarkeit jener Hypothese, durch welche SchnurMann die Farbenanpassung der Fische mit ihrer „totalen Farbenblindheit“ in Einklang bringen wollte.
Type of Medium:
Electronic Resource
URL:
http://dx.doi.org/10.1007/BF00572190
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