ISSN:
1432-1351
Quelle:
Springer Online Journal Archives 1860-2000
Thema:
Biologie
,
Medizin
Notizen:
Zusammenfassung 1. In Fortsetzung des Studiums der Orientierung von Talitrus saltator (Montagu) haben wir in dieser Arbeit betrachtet: a) die etwaigen Faktoren, welche die Abweichung des Orientierungswinkels im Lauf des Tages regeln; b) die Orientierung während der Nacht; c) das Verhalten anderer Populationen derselben Art, außer derjenigen von S. Rossore (an der Tyrrhenischen Küste), welche schon früher Gegenstand von umfangreichen Untersuchungen war. 2. Tiere, die einige Tage eingeschlossen sind, behalten die Fähigkeit, sich zu jeder Tagesstunde richtig nach dem Sonnenstand zu orientieren, und wenden sich dem Meere zu. Etwaige Eindrücke, welche die Tiere unmittelbar vor ihrer Gefangennahme aufgenommen haben, haben keinen Einfluß auf die Orientierung zum Zeitpunkt des Versuches. 3. Unterschiede in der Höhe der zur Orientierung dienende Lichtquelle haben keinen Einfluß auf die Orientierung. 4. Tiere, die für mindestens 24–48 Std gefangengehalten wurden, wurden zu verschiedenen Stunden, sowohl bei klarem Himmel mit abgeschirmter Sonne, als auch bei bedecktem Himmel, dem Licht einer hellen Bogenlampe ausgesetzt. Die Tiere haben beinahe denselben Winkel bezüglich der Lampe angenommen, den sie auch bezüglich der Sonne zur gleichen Stunde angenommen haben würden, d. h. den zu einer richtigen Orientierung gehörenden Winkel. Daher ist es nicht möglich, die tageszeitliche Regelung des Orientierungswinkels etwaigen tageszeitlichen Unterschieden in den Eigenschaften des direkten Sonnenlichtes zuzuschreiben. Auch andere äußere Faktoren scheinen keinen Einfluß zu haben. 5. Wir glauben, daß der den Orientierungswinkel regelnde Faktor endogen ist, und daß die Talitrus einen inneren physiologischen Mechanismus („Zeitsinn“) besitzen, der die tageszeitliche Variation des Sonnenstandes ausgleicht. 6. In mondlosen Nächten sind die Tiere, zumindest in den Versuchen mit der Glasglocke, vollständig orientierungsunfähig. 7. Versuche mit dem „Fangkreis“ im dunklen Zimmer zeigen, daß eine künstliche Luftströmung ein Anhäufen der Tiere in Strömungsrichtung bewirkt. Das läßt vermuten, daß sie in der Natur bei Abwesenheit der normalen Orientierungsreize eine Reaktion bezüglich der Windrichtung annehmen. Dieses Verhalten ist jedenfalls nicht notwendigerweise mit dem Phänomen der Rückkehr zum Meer verbunden. 8. Die ausgeführten Experimente zeigen eindeutig, daß die Talitrus sich nach dem Mond in ähnlicher Weise wie nach der Sonne orientieren können. Haben die Tiere einmal die Orientierung nach dem Mond aufgenommen, so können sie, bei abgeschirmtem Mond, sich wieder in entsprechender Weise orientieren, sowohl mit von einem Spiegel reflektiertem Mondlicht als auch mit künstlichem Licht. Eine Orientierung nach dem Mond wird hiermit im Tierreich zum erstenmal mit Sicherheit nachgewiesen. 9. Eine Population der Insel Sylt, die von Herrn Dr. Sebastian Gerlach (Kiel) untersucht wurde, zeigt tagsüber einen Orientierungsmechanismus, der mit dem bei der tyrrhenischen Population festgestellten übereinstimmt. 10. Entsprechend dem verschiedenen Verlauf der Küste unterscheiden sich die entsprechenden Talitrus-Populationen in ihrer Einstellung zum Sonnenstande. Jede Population ist, was das Orientierungsvermögen betrifft, an eine bestimmte Küstenrichtung adaptiert. So hat z. B. eine Population des linken Flußufers des Serchio bei der Mündung die Fluchtrichtung nach ONO, senkrecht zum Flußufer selbst und beinahe entgegengesetzt derjenigen der benachbarten Population, die am Meeresufer lebt. 11. Die charakteristische Eigenschaft der Photomenotaxis bei Talitrus besteht in den rhythmischen und regelmäßigen zeitlichen Schwankungen des Orientierungswinkels, wobei diese Schwankung identisch und gleichlaufend ist für alle Tiere einer bestimmten Population.
Materialart:
Digitale Medien
URL:
http://dx.doi.org/10.1007/BF00350803
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