ISSN:
1433-0393
Source:
Springer Online Journal Archives 1860-2000
Topics:
Medicine
Notes:
Zum Thema Bei diabetischen Schwangeren gilt das fetale Wachstum als wichtiger Parameter für die fetomaternale Überwachung. Die Beurteilung des Geburtsgewichts kann jedoch zu Fehlern führen, da das entsprechende Gewicht eines individuellen Fetus nicht bekannt ist. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Faktoren, die die Bedeutung des fetalen Gewichts als diagnostisches Werkzeug herabsetzen. Mütterliche und umweltbedingte Faktoren wie Rasse, Sozialstatus, Rauchen, Gewicht und Größe der Mutter, Parität, Plazentafunktion, Geschlecht des Kindes etc. können bei gesunden Termingeborenen eine Variation von 1000 g verursachen. Signifikante geographische und chronologische Unterschiede in Makrosomieraten weisen auf die Notwendigkeit hin, daß etablierte Standards permanent modifiziert werden müssen. Die fetale Makrosomie hat einen Mangel an Spezifität für Diabetes. Von allen makrosomen Kindern sind nur 5 % diabetogen bedingt, während 95 % auf genetische, mütterliche oder umweltbedingte Ursachen zurückzuführen sind. Werden Neugeborene diabetischer Mütter gesunden Kontrollen gegenübergestellt, haben beide Gruppen eine ähnliche Rate makrosomer Kinder (9,8 vs. 9,5 %) mit normalem Insulin-Gehalt im Nabelschnurblut (〈 30 μE/ml). Insulin-pflichtige Diabetikerinnen haben jedoch zusätzlich 8,8 % makrosome Neugeborene mit erhöhten Insulin-Werten im Nabelschnurblut (〉 30 μE/ml). Es ist in hohem Maße wahrscheinlich, daß nur jene makrosomen Kinder mit hohen Insulin-Werten im Nabelschnurblut diabetogen bedingt sind. Ohne Kontrolle metabolischer Daten des Fetus sind genetisch oder umwelt-bedingt Makrosome und diabetogenbedingt makrosome Feten nicht unterscheidbar. Eine große Anzahl unterschiedlicher Formeln zur Berechnung des fetalen Gewichts anhand biometrischer Daten weisen auf methodische Schwächen hin. Der relative Fehler beträgt ± 7,5 bis ± 20 % mit geringer Sensitivität, Spezifität und positivem Vorhersagewert für eine Makrosomie. Um ein Neugeborenes 〉 4000 g mit Sicherheit auszuschließen bzw. nachzuweisen muß das geschätzte Gewicht K 3200 bzw. L 4700 g betragen. Eine weitere Schwierigkeit in der Beurteilung des fetalen Gewichts liegt in Differenzen verschiedener Gewichtsstandards. Bei Anwendung mehrerer Gewichtstandards am selben Geburtengut ist die Rate makrosomer Neugeborener signifikant unterschiedlich. Bei Insulin-pflichtigem Diabetes (IDDM) ist eine frühe Wachstumsretardierung gefolgt von einem biphasischen Wachstum typisch. Diese Wachstumsdynamik wird jedoch durch die Schwere des Diabetes modifiziert. Während das fetale Wachstum bei mildem Diabetes in der Regel in der ersten Schwangerschaftshälfte normal mit einer Akzeleration ab der 32. Woche verläuft, kommt es bei schwerem Diabetes zu einem retardierten Wachstum mit einer Aufholphase nach der 32. Woche. Bei schwerem Diabetes wirkt eine Plazentaschädigung dem fetalen Hyperinsulinismus entgegen und verhindert so ein exzessives Wachstum. Eine Makrosomie ist somit eher mit einem leichten, nicht jedoch mit einem schweren Diabetes assoziiert. Vom klinischen Gesichtspunkt her ist das Wachstumsmuster bei Diabetes von größerer Bedeutung als das absolute Wachstum. Die große Anzahl divergierender Einflüsse auf das fetale Wachstum macht jedoch eine schlüssige Beurteilung des geschätzten fetalen Gewichts oder des Geburtsgewichts fraglich. Es ist daher ohne metabolische Daten des Fetus von geringer klinischer Bedeutung. Die diabetogene Fetalerkrankung basiert nicht auf dem Geburtsgewicht im oberen Perzentilenbereich sondern auf einen fetalen Hyperinsulinismus. Eine Insulin-Behandlung des Gestationsdiabetes auf der Basis des geschätzten fetalen Gewichts ist unzuverlässig und zieht eine Unterbehandlung von 44 % hyperinsulinämischer- und eine Überbehandlung von 31 % normoinsulinämischer Feten nach sich. Die falsche Diagnose einer Makrosomie vor dem Geburtstermin erhöht die Sektiorate ohne die geburtshilflichen Ergebnisse zu verbessern. Die Qualitätskontrolle des Diabetesmanagement bei IDDM anhand des Geburtsgewichts beschönigt die Ergebnisse. Nur 29 % der Neugeborenen mit erwiesenem Hyperinsulinismus und mittleren Insulin-Werten im Nabelschnurblut von 75,8 μE/ml (oberes Limit der Norm 20 μE/ml) haben ein Geburtsgewicht 〉 90. Perzentile; 71 % haben ein Geburtsgewicht im Normbereich und werden fälschlich als gesund eingestuft.
Type of Medium:
Electronic Resource
URL:
http://dx.doi.org/10.1007/s001290050224
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